Bericht 11. Juni: Viel zusammengeschrieben, aber wenig ermittelt.

Gegen Ende des heutigen Verhandlungstags fasste die Vorsitzende Richterin Stock das Dilemma mit der Aktenlage in diesem Verfahren zusammen: Viel ist zusammengeschrieben, aber nur wenig ermittelt. Ihrer Klage ging die Befragung des Zeugen Rolf Debus voraus.

Der BKA-Beamte Debus verfasste 1990 den Abschlussbericht zu den
Revolutionären Zellen, obwohl er in dieser Sache nicht selbst ermittelt hatte. Sein Bericht beruht auf Erkenntnissen in den Akten und will Sachverhalte darstellen. Allerdings enthält der Bericht auch
Schlussfolgerungen. Während der Zeuge Debus über das Zustande-kommen seines Berichts befragt wird, muss das Gericht feststellen, die Schlussfolgerungen im Abschlussbericht sind bezüglich der Autorenschaft nicht zuordenbar.

Aber auch in anderen Fragen ist der Abschlussbericht unzureichend bzw. ungenau: Als Asservat zählt der Bericht ein Pistolenmagazin auf. Nur der Fundort des Magazins ist in dem Bericht nicht genau benannt. Des weiteren fasst der Bericht Ermittlungen in einem Staubsaugerbeutel aus dem Hühnerweg 8 mit dem Ergebnis zusammen, keine Sprengstoffelemente gefunden zu haben.

Dem Zeugen Debus legen die Richter noch eine Lichtbildmappe vor. Der Zeuge erklärte, die Bildmappe mache keine Aussagen, nach welchen Kriterien sie aufgebaut ist, oder in welchem Verhältnis die darin gezeigten Personen zueinander stehen, noch ob überhaupt ein Zusammenhang besteht.

Am Vormittag hatte die Vorsitzende Richterin Stock den Zeugen Harald Hallenberger zu Anschlägen im Sommer 1977 bei MAN in Nürnberg und bei KSB in Frankenthal befragt. Die Antwort des seit zehn Jahren pensionierten BKA-Beamten war unmissverständlich: Er weiß nicht mehr, was er zu diesen Fällen getan hat. Und er hat keine Erinnerung an die von ihm geführten Akten. Deswegen fragte der Zeuge: Worum gehts? Um RAF oder RZ?

Die Richterin las aus seinen Berichten und wollte zum Beispiel wissen, was er mit „brisanter Sprengstoff“ meine. Hallenberger erklärte, damit sei gewerblicher oder militärischer Sprengstoff gemeint, also kein Selbstbau. Dann schiebt er eine weitere Erklärung nach: Vielleicht auch brisanter Selbstbau.

Dann zeigte man ihm Bilder vom Tatort bei MAN in Nürnberg. Auch hieran hatte der Zeuge keine Erinnerung und meinte nur: Sieht aus wie an jedem anderen Tatort.

Am kommenden Freitag soll als Zeuge ein Herr Klose vernommen werden. Er soll bei Sonjas und Christians Festnahme in Lille zugegen gewesen sein.

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