Wenn Klein sich nicht irrt; Frankfurter Rundschau, 1.02.2013

Wenn Klein sich nicht irrt: Im Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger, die beiden mutmaßlichen Mitglieder der Frankfurter Revolutionären Zellen, versucht sich Ex-Terrorist Hans Joachim Klein als Zeuge weiter in Erinnerungen.
Sam Hawkens ist einer der besten Freunde von Old Shatterhand. Er ist im Grunde ein netter Kerl, aber ein Schussel, der jeden zweiten Satz mit dem Zusatz „wenn ich mich nicht irre“ beendet. Im Prozess gegen Sonja Suder und Christian Gauger, die beiden mutmaßlichen ehemaligen Mitglieder der Frankfurter Revolutionären Zellen (RZ), wächst Ex-Terrorist Hans-Joachim Klein zunehmend in die Rolle des Sam Hawkens.

Ob Gauger Mitglied der RZ war? Ja, sagt Klein, das wisse er genau. Ob er ihn am Gesicht erkenne? Nein, wiedererkennen würde er ihn nicht. Ob er sich dann an den Namen erinnere? Nein, an den Namen erinnere er sich auch nicht.

Nun wird Gauger im Vergleich zu dem, weshalb seine Lebensgefährtin Suder angeklagt ist, noch vergleichsweise Harmloses vorgeworfen: die Beteiligung an Brandanschlägen etwa, bei denen niemand gestorben ist und die längst verjährt wären, gäbe es nicht die juristische Finesse der Verjährungsunterbrechung.

Bei der derzeit inhaftierten 80 Jahre alten Suder sieht das anders aus: Sie muss sich wegen mehrfachen Mordes verantworten. Laut Klein soll sie eine der Drahtzieherinnen des Überfalls auf die Opec-Konferenz 1975 in Wien gewesen sein. Und Klein selbst im Frankfurter Stadtwald für die mörderische Aktion angeworben haben.

Das sagt Klein jetzt. Früher sagte er, dass er damals im Frankfurter Stadtwald lediglich Brigitte Kuhlmann und – wenn überhaupt – noch einen anderen Mann getroffen habe.

Es gibt wenig, was Suder belastet

„Ich muss Ordnung in meine Erinnerung bringen, und das ist schwer“, sagt Klein vor Gericht. Und wenn ihm vorgehalten wird, dass er bei manchen Details heute andere Angaben macht als in seinem 1979 erschienen Buch „Rückkehr in die Menschlichkeit“, dann sagt er auch schon mal: „Da stimmt wohl irgendwas nicht. Dann irre ich mich eben heute.“

Außer Kleins Aussage gibt es in diesem Prozess bislang wenig, was Suder belastet. Und so beantragte ihr Anwalt zum Ende des Verhandlungstages, den Haftbefehl gegen seine Mandantin aufzuheben. Bis zum nächsten Verhandlungstag wird das Landgericht wohl darüber entschieden haben. Es ist mit Sicherheit nicht der sinnfreieste Antrag, der seitens der Verteidigung in diesem Prozess gestellt wurde – das Gericht wird bei einer erwartbaren Ablehnung diese zumindest gut begründen müssen.

Die „Freiheit für Sonja“-Rufe aus dem Publikum jedenfalls werden wieder ein bisschen lauter. Und wenn man genau hinhört, klingen sie auch ein bisschen optimistischer – wenn man sich da nicht irrt.

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