Bericht zum 4. Prozesstag (9. Okt.) „Das ist ein Merkmal der Folter“.

Der Prozess begann etwas verspätet, dafür war im Zuschauerbereich eine Rampe installiert, welche Rollifahrer*innen den Zugang ermöglichen sollte. Bemerkenswert war, dass sich größere Teile der Zuschauer*innen den Zugang erst hatten erkämpfen müssen. Eine Gruppe überpünktlicher Jura-Erstsemester hatte sämtliche Schließfächer besetzt, was die Beamten dazu veranlasste, neue Leute erst nach langer Diskussion und der Zusicherung wirklich keiner der verbotenen Gegenstände, wie Schlüssel, Geldbörse o.ä mit sich zu führen, rein zu lassen.

Als erstes verlas die vorsitzende Richterin einen Beschluss zur Vernehmungsfähigkeit Hermann Feilings. Hierbei erklärte sie, das Mittel der Wahl um zu einer Verwertung kommen zu können, sei der sogenannte Freibeweis, also die direkte Befragung vor Gericht. Das Gericht bestimme welche Teile der Akten verlesen werden sollen und ob ein Sachverständiger überhaupt gebraucht werde. Sie zählte diverse Richter, Sachverständige, Bullen und Anwälte auf, deren diverse Unterlagen, Gutachten und Protokolle aus dem Prozesse vor dem Oberlandesgericht Frankfurt im Jahre 1982 eingeführt werden sollen. Auf den Hinweis, dass dies keine Wortprotokolle seinen, sagte die Vorsitzende, das würde die Kammer schon zu berücksichtigen wissen. Daraufhin gab es die Anregung eines Verteidigers, der darauf hinwies, dass das Gericht sich auch sonst nicht scheut, den neuesten Stand der Technik zu verwenden, aber warum es bei der Frage der Beweiswürdigung auf Unterlagen und Erkenntnisse von vor 30 Jahren zurück greifen wolle.

RA Hartmann verlas einen Antrag bezüglich eines Gutachtens zu den posttraumatischen Auswirkungen auf Hermann Feiling. Insbesondere geht es um den Unterschied zwischen der Vernehmungsfähigkeit und der Fähigkeit eines Beschuldigten frei darüber zu entscheiden, ob er überhaupt aussagen will oder nicht. Alles deute darauf hin, dass Hermann Feiling auch nach heutigen Kriterien massiv traumatisiert gewesen sei und damit in seiner Aussagefreiheit beschränkt gewesen sei. Nach seinem Antrag, der in voller Länge hier (s. nächster Beitrag) gelesen werden kann, kam es zu Beifall im Zuschauerraum und zu einer Rüge der Richterin an die Applaudierenden.

Hermann Feiling und RA Bayer als sein Rechtsbeistand wurden aufgerufen. Bayer betrat ohne Hermann Feiling den Raum und erklärte, dieser werde heute nicht erscheinen. Er legte ein ärztliches Attest und die Aussage eines ehemaligen Zivildienstleistenden vor, welche sein enormes Risiko für epileptische Anfälle in Stresssituationen erklären. Hermann Feiling könne sich keiner direkten Befragung aussetzen. Anschließend wurde RA Bayer noch von der Staatsanwaltschaft (StA) zum allgemeines Zustand von Feiling und seinen letzten Kontakten zu diesem befragt. Auch fragte die StA nach einer Schweigepflichtentbindung Bayers durch Feiling, woraufhin dieser erklärte, er sei beauftragt, das soeben Gesagte hier darzulegen.

Die StA fragte noch nach der Herkunft der Bombe, woraufhin die Verteidigung einschritt und darauf hinwirkt, die Frage nicht zu zulassen, schließlich handele es sich hierbei um noch nicht bewiesene Spekulationen. Die StA zog darauf hin die Frage zurück. Nach der Pause erklärten die Verteidiger von Christian, dass er sich nicht habe ausruhen können, weil er ständig durch Telefongespräche des Wachtmeisters gestört worden sei. Nachdem die Richterin sich dies durch Justizbeamte hat bestätigen lassen, wurde die Verhandlung für heute unterbrochen.

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