Folter und Aussageerzwingung

Nachstehend Informationen zu dem skandalösen Zustandekommen der angeblichen Aussagen Hermann Feilings gegen Sonja und Christian und ein Hinweis auf Savvas Xiros, einen ähnlichen Fall von folterähnlicher Aussageerpressung in Griechenland.

Aus der Dokumentation zum „Prozess gegen Hermann, Sibylle und Silvia“ von 1978:

Das Verhör war schon das Verbrechen
„Das wirkliche Verbrechen beginnt immer erst mit der Gerichtsverhandlung.“ Karl Kraus

I. Vom Anfang
Im Sommer 1978 steht die fällige Fußballweltmeisterschaft in Argentinen vor der Tür. Diejenigen, die später, anläßlich der Olympiade im Jahre 1980, in Anbetracht von Kabul [des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan im Dezember 1979] der Propaganda nicht genug tun können, um Menschenrechte vor Sport zu stellen, kennen damals keine Folter. Nur noch Fußball, der angeblich „versöhnt“, sei es auch mit Elektroschocks und Papageienschaukel. Zu dieser Zeit, am 23. Juni 1978, morgens gegen 10 Uhr, geht ein Mann auf seine Studentenbude in einem Heidelberger Hinterhaus. Er hat eine Fahrkarte nach München in seiner Tasche und auch einige nicht ganz echte Utensilien, mit deren Hilfe er in die Gestalt eines Postboten schlüpfen will. In der Bayrischen Landeshauptstadt will er seine „Post“ abgeben: einen Sprengsatz an die Adresse des argentinischen Generalkonsulats.
Eine geringe Menge Sprengstoff soll ausreichen, um ein paar Steine aus der Mauer des Schweigens zu reißen. Er hat sich sorgfältig zuvor vergewissert, daß Menschen nicht zu Schaden kommen können. Aus diesem Grunde auch probiert er vorher – noch in Heidelberg – die Elektronik seines Sprenggerätes durch: das vorzeitig unter seinen Händen explodiert!
Hermann Feiling ist nicht auf der Stelle tot. Er überlebt den schrecklichen Unfall. Aber er ist blind danach und seine beiden Beine werden bis ins obere Drittel amputiert. Sein Körper ist von Brandwunden bedeckt. Unmittelbar danach mußten ihm beide Augen entfernt werden. Ein Schock von kaum vorstellbarer Dimension zeichnete im Übrigen seinen Zustand aus. In der Nacht nach seinen schweren Operationen wurden ihm vier Ampullen des starken Schmerzmittels Dipidolor gespritzt.
„Dipidolor ist ein morphinhaltiges Schmerzmittel, das nur bei besonders starken Schmerzen verordnet wird […] Bei einigen Patienten stellt sich eine Euphorie ein, d.h. ein unrealistisches Gefühl des Wohlbefindens, außerdem Gefühle der Geborgenheit. Es erleichtert gedankliche Assoziationen, eine positive­ Grundeinstellung, Gedankenflucht …“ (Pharmazeutisches Lexikon)
Noch drei Tage nach der vorzeitigen Explosion und Operation erklärt das Landeskriminlamt (LKA) Stuttgart, Feiling befinde sich in „Lebensgefahr“, am selben Tag erklärt der behandelnde Arzt den Eltern dasselbe. (Quelle: Heidelberger Rundschau 26.6.78 und  RA. Bayer). Von daher war es eine bemerkenswerte humanitäre Leistung des zuständigen LKAs, bereits am Morgen nach der Operation in Hermann eine voll vernehmungsfähige Person auszumalen. Dies mit Hilfe eines Arztes namens Dressler, der für die Dauer der Vernehmungen nicht einmal ein zeitliches Limit setzte, selber aber in der Regel nur um die fünf Minuten bei seinem Patienten aushielt, wofür dann die anwesenden Beamten in medizinischer Hilfsfunktion beim Umbetten und ähnlichen Versorgungsmaßnahmen selbsttätig zu Hand gingen.
Insgesamt war Hermann Feiling viereinhalb Monate in dieser Lage der absoluten Hilflosigkeit, der Schmerzen, der eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeit, der säuglingshaften Abhängigkeit, ferngehalten von allen Freunden, ferngehalten von jedem Anwalt seiner Wahl. Während die „Vernehmungen“ munter liefen. Eingeleitet von einem Staatsanwalt, einem gewissen Wechsung, den Feiling für einen Rechtsanwalt hielt – und dies alles unter der rechtsstaatlich superben Bedingung, daß zu keiner Zeit ein Haftbefehl gegen ihn verkündet worden war.

II. Über die Produktion von Aussagen

„Ich fühle mich wie eine lächerliche Masse.“ (H. F.:Tonbandkassette)

Hermann Feiling wird am Tag nach der Explosion und der Operation zum ersten Mal „angehört“, ein Begriff, den es in der deutschen Strafprozeßordnung nicht gibt. Die Ergebnisse dieser „Anhörung“ werden von den Ermittlungsorganen als „Aussagen“ bewertet. Aufgrund schon der ersten angeblichen Aussage wird seine Verlobte verhaftet. Hermann Feiling, der sich heute an beinahe nichts mehr erinnern kann, schildert Fragmente seiner damaligen Wahrnehmung so:
„In der ersten Zeit hätte er überhaupt keinen Tag- und Nachtrhytmus gehabt. Sie hätten ihm jemand in den Raum gesetzt. Er habe nie geschlafen. Der andre sei immer rumgelatscht und hätte Stories erzählt, er sei Jäger. – Er könne sich bei seiner ersten Vernehmung auch nicht an (rechtliche) Belehrungen erinnern, auch nicht an die Belehrung, daß er sich eines Rechtsanwaltes bedienen könne.“ Letzterer hätte ihm wohl, wäre es ein Vertrauensanwalt gewesen, als erstes gesagt, daß er gegenüber seiner Verlobten ein gesetzlich verbrieftes Recht der Aussageverweigerung hatte. Die Barbarei und Perversion dieses Verfahrens, einen vernehmungsunfähigen Menschen zu „Aussagen“ zu pressen, wird auch in den folgenden Angaben Hermanns auf besagten Kassetten deutlich:
„Was mich am meisten mitnimmt, im Moment, ist […], daß da scheinbar Aussagen existieren, die von mir stammen. Diese Aussagen stammen aus einer Situation kurz nach der Operation. Ich kann mich weder an sie erinnern, noch kann ich sagen, daß sie so, wie sie mir dann später berichtet wurden, daß sie so der Wahrheit voll entsprechen. Ich hätte diese Aussagen jedenfalls nie gemacht, wenn ich einen klaren Kopf gehabt hätte.“ „Ich war also mehr in so einem Zustand, wo ich eigentlich gar nicht wußte, wer um mich war und das einzige, was ich wollte, darin bestand, nicht verlassen zu werden. Dafür hab ich dann – also wie gesagt – da dann nicht allein zu sein und zusätzlich eben nicht zu wissen, was eigentlich los ist und wo man sich befindet und warum es dunkel ist – das kriegt man erstmal gar nicht so genau mit – eine Situationskontrolle erstmal zu entwickeln, da braucht man erstmal Zeit!“
Später teilte er dann, illegal, seinen Freunden mit:
„Ich bitte […] zu verfolgen, was mit mir geschieht. Wo ich hingebracht werde und so. […] Ich bin voll unter den Fittichen. Die haben also nur ein paar Konzessionen gemacht, daß ich also diese Maßnahmen da behalte, also die Krankenhaustherapie für die prothetische Versorgung. […] Nur um das möglich zu machen, haben die es eben gemacht, mir also ihren Haftbefehl zu eröffnen.“
Da gegen Hermann Feiling aber niemals formell ein Haftbefehl verkündet wurde, der ja haftunfähig war, muß jemand ihn bewußt mißinformiert (also erpreßt) haben in der Absicht: entweder Du unterwirfst Dich uns, oder wir vollstrecken den Haftbefehl und dann ist die Chance auf therapeutische Maßnahmen passé, samt dem Erlernen der Blindenschrift.
Und in seiner letzten Mitteilung aus einer Isolierstation des Modells Deutschland heißt es:
„Ich fühl‘ mich tatsächlich ein wenig entmündigt; aber man hat auch eine Situation geschaffen, in der ich mich eigentlich nicht traue, traute, irgendetwas selbst noch zu wollen. […] Es ist für mich unmöglich irgendetwas ganz anderes zu sein. Dazu will man mich bringen, glaube ich jedenfalls, daß man da alle Register zieht, ich geh daran nicht – jetzt nicht – vollends kaputt, weil ich festgestellt habe, daß ich meine politischen Gedanken, meine persönliche Identität vielleicht wohl mal wieder finde.“
Natürlich ist diese von Hermann Feiling geschilderte Vergewaltigung niemals eine, die von verbrecherischen Schergen arrangiert wurde, sondern es handelte sich um „Hilfe“, pflegerische, versteht sich, um „Hilfe“, die erst recht zum Triumph beim Fabrizieren der „Aussagen“ gelangt. Zu jenen, die Hermann Feiling im Krankenhaus „behiflich“ sind, ihm Sachen reichen, oder wohlmöglich noch die Orange schälen, gehören in erster Linie Polizisten. Feiling wußte das nicht, konnte also auch nicht ermessen, wer in seiner nächsten Umgebung etwa der Schweigepflicht unterliegt, wenn er etwas sagt. In einer Situation, wo er unter dem ungeheuren Druck der Ereignisse sprechen will und muß, sich selbst hören, d.h. erleben will, der unter Eindrücken von Selbstentfremdung und gestörter Körperwahrnehmung leidet, der kämpft, der sich an seine Umgebung klammert, seine Gequältheit herausbricht – ist Sprache seine einzige Kommunikationsform. Die „hilfreichen“ Polizisten „hören geduldig an“ und halten geduldig „vor“: Grüne Farbe des Autos oder rote? Solange, bis er „ja“ sagt. In den 1.300 Seiten steht nichts darüber, wie das gegangen ist, sondern man liest die Summe der freigeschöpften facts. Doch ganz ist die Folter, die hier geschah, nicht spurlos getilgt (HR 12/78): „Der Arzt gab zu Protokoll, daß Feiling während der Vernehmungen zwar medizinisch­, aber nicht juristisch­ vernehmungsfähig gewesen sei.“
Was stört aber einen deutschen Polizisten namens Berberich, Mitglied eines Heidelberger Elternbeirates, Gesetz und Juristerei, wenn nur noch ein Funke Leben in einem steckt?
„Während der Vernehmungen“ so heißt es, „war Feiling so erregt, daß ihm zusätzlich Valium zur Beruhigung gespritzt werden mußte.“

III. Dossier über ein Verhör in Deutschland
Der Polizeiobermeister i. K. (POM) Schäfer führt das Protokoll, das er zu verantworten hat. Ein Staatsanwalt, ein gewisser Wechsung, gehört ebenfalls zur Szene, der den dauernd bewußtlosen Feiling nicht über seine Rechte belehrt, den Feiling mit seinem Rechtsanwalt verwechselt. Vernommen wird nicht, es wird „angehört“. Ein POM wie der Schäfer ist in der Hierarchie ein kleiner Beamte, der weiter kommen will und stets darauf zu achten hat, daß er als Protokollführer nicht unterschreibt, was andere ihm – wohlmöglich rechtswidrig – einbrocken. Dieser Polizeiobermeister formuliert daher mit evidenter Zurückhaltung eine in sich nicht einmal logische Charakterisierung dieses initialen Gesprächs:
„Ich kann das geführte Gespräch nur sinngemäß widergeben, da ich einige Male das Zimmer verlassen habe und da manchmal Feiling, weil er sehr leise sprach, sehr schlecht zu verstehen war.“
Wir verstehen gut: Jemand hat da womöglich einen Drang verspürt, gelegentlich den Raum zu verlassen, damit er später sagen kann, er hat nicht alles mitbekommen. Aber auch dann, wenn er anwesend ist, kann er nur „sinngemäß“ reproduzieren, denn der frisch Operierte war kaum zu verstehen.Derart aber das Entree auf die nun folgenden 1.300 Seiten sogenannten „Aussagen“, in dessen Schlußbemerkung der vorsichtige Schäfer sich noch einmal durch Hinweis auf die Verantwortung des höherrangigen Beamten Seitz absichert. Ihm war nicht wohl bei der ganzen Geschichte. Da es verständlicherweise in der Fortsetzung der Inquisition erst recht Probleme mit den „Sinnen“ gibt, mit dem elendig befindlichen „Verhörsubjekt“, den permanenten An- und Abwesenheiten, muß die eine 1.300 Seiten umfassende „Aussage“ Dokumentation gleichfalls von eigener Art sein: Ab Seite 0006 wird zwar ein Tonband in die Sache eingeführt, dessen Objektivität aber immer dann abgeschaltet werden muß, wenn die Schöpfungsfreude der Beamten nach sinngemäßer „Zusammenfassung“ schreit. In der Regel dann – wir kommen noch darauf – wenn man tiefer ins Gespräch kommt. Am 28.6. eröffneten die Beamten Berberich und Raisch (S. 0049) ein stundenlanges Marathonverhör mit dem schwerkranken Feiling, dessen bereitwilligem Arzt keinerlei zeitliche Begrenzung in den Sinn kommt. Es hat seinen ersten Höhepunkt in der Aufforderung, Feiling möchte doch die Namen ihm bekannter Leute nennen, was dieser offenbar nicht will oder kann, weswegen man ihn kennerisch auf die Belastung durch seinen Körperschaden hinweist, der auch andere ereilen möchte:
„F. macht eine längere Pause und atmet sehr stark.“
Hier macht es gar nichts (S. 0056), daß der Betroffene immer schwer atmet: Die heutige Humanität verfügt schließlich über Valium. Daß er am Ende überhaupt nicht mehr zu verstehen ist, was macht das, solange nur das Rollenspiel eben so funktioniert, daß ein „Das weiß ich nicht mehr so genau“ den Beamten strategisch unverständlich bleibt, wo doch das folgende, auf apodiktische Aufforderungen geflüsterte „Ja“ einen protokollarischen Sieg ergibt. Um genau zu sein: Der offenbar kaum noch artikulationsfähige Mensch flüstert sein „ja“ nicht aufgrund eigener Erinnerung, denn er „kann sich nicht mehr genau erinnern“, sondern zum Vorhalt der Verhörer. Auf diese Weise wurde der spätere Tatvorwurf eines Anschlags auf die AKW-Firma Klein, Schanzlin und Becker „erhärtet“. Insofern ist es auch bedeutungslos, daß dieser flüsternde, schwer atmende, total abhängige, von Valium gestützte Mensch in Bezug auf Personenfragen permanent gravierende Widersprüche produziert – mal ist etwas rot gewesen, mal was braun – weil jeweils einen Tag darauf die Befrager die Widersprüche schon glätten. Mag denn auch (S. 0016 und 0003) die eine später hochbelastete Person deutlich daran zu erkennen sein, daß sie signifikant Hessisch babbelt, wenig später verwandelt sich das mühelos in reines Hochdeutsch. Überhaupt ist die Fähigkeit deutscher Beamten, die geflüsterten „Aussagen“ geschockter Menschen, die sich in Lebensgefahr befinden, „sinnvoll“ zu transformieren um so ausgeprägter, je malader deren Zustand ist.
Für einen Linguisten dürfte bei der Durchsicht der angeblichen Feiling- Aussagen unschwer feststellbar sein, daß der Betroffene wenige Stunden nach der Operation auf wunderbare Weise stundenlang in reine Polizeidiktion verfällt, nämlich wie aus der Pistole geschossen kurz und knapp (auf Vorhalt versteht sich) erfragte Maße sogar in Milimeterdifferenzen angeben kann, während derselbe in späteren Verhören, eben wieder bei sich selber, in seiner eigenen, etwas langwierigen Sprache mit vielen ähs und kompliziertem Satzbau antwortet. Damit ist aber nun bewiesen, daß der Zustand des Hermann Feiling während der Vernehmung anfangs nicht ungünstig, sondern eben günstig war. Mag es auch kreuz und quer gehen und manchmal überhaupt nicht mehr: „Medizinisch“ ist der Deliquent „aussagefähig“ und passieren kann nichts, denn er hängt am Tropf und der Arzt erscheint jeweils für die Standarddurchschnittszeit deutscher Mediziner: Fünf Minuten. Doch wenn in der Folge immer öfter (S. 0063) das hier vorliegende menschliche Vernehmungsmaterial offenbar nicht ganz bei Sinnen ist, muß selbst im stromlinienförmigen Protokoll mal danach gefragt werden, ob „Herr F. der Vernehmung überhaupt noch folgen“ kann. Eine sehr verständliche Frage, die der Betroffene aber zu deuten offensichtlich nicht mehr imstande ist, weswegen dazu nur weiter zu fragen ist: „Haben Sie verstanden?“ Da aber die „Sinne“ bei den POMs und KHKs Berberich, Raisch oder Schäfer unschwer in der Lage sind, anderweitige „Sinnausfälle“ selber sinnvoll zu überbrücken, mögen sie auch persönlich draußen vor der Tür gewesen sein, so ist bei einiger Beharrlichkeit selbst dem Halbtoten auf die Frage seiner geistigen Anwesenheit, deren Rezeption durch das Opfer der Protokollant im übrigen selber mißtraut, am Ende ein preußisch- knappes „Jawohl“ zu entlocken.
Tags drauf ist der 29.6. und weil es wiederum um die „Sinne“ und deren Reproduktionsfähigkeit geht, entsteht am besten wieder ein „zusammenfassender Aktenvermerk“: „Herr F. wolle seine Gedanken direkt (als ob es bisher indirekt zugegangen sei) einem Beamten mitteilen, weil er sonst die Gedankengänge evtl. wieder vergessen würde.“
Was logisch für einen Verzicht auf ein mitlaufendes Tonband spricht, dem bekanntlich hervorragenden Mittel gegen jede Art von Vergeßlichkeit, Unklarheit und Widersprüchen. Sicherer ist aber – etwa später vor Gericht – sich ungehemmt auf die eigene freischöpferische Sinnlichkeit zu stützen. Zu diesem Zeitpunkt des Kampfes gegen Vergeßlichkeit waren bereits an die sechs Leute erfolgreich belastet. Am 30.6. tauchen endlich wieder die vom Wiesbadener LKA auf, die in wahrscheinlicher Konkurrenz mit den Stuttgartern unbedingt selber zu etwas kommen müssen – weswegen es jetzt erst so richtig intim wird (S. 0079):
„Frage: Waren an dieser Straße Parkflächen eingerichtet? Antwort: Also keine besonderen, da konnte man natürlich am Straßenrand rechts parken.[…] Bulle: Herr Feiling, lassen sie bitte den Arm etwas ruhiger liegen, da ist die Infusion …(unverständlich). Feiling: Was ist denn los? Bulle: Nee. Nee, ist nur vom Verbandsteil etwas losgelöst. Das muß erst gemacht werden. Da hat sich – glaub ich – die Infusion dort unter dem Pflasterstreifen etwas gelöst.
Bulle: Oh, das ist okay, die hängt da so rum.“ Woraufhin man sich erneut einer Frankfurter Einbahnstraße widmet, welcher der Hermann über Stunden nicht so recht folgen kann. Ergebnislos wird die Befragung mittags abgebrochen.
Kein Wunder – von daher – daß dieses Verhör nachmittags wieder zu sich selber und die Wiesbadener zu einigen Erfolgen kommen:
„Die Vernehmung wurde nicht auf Tonband aufgezeichnet, die Aussage lediglich dem Sinn nach in Stichworten handschriftlich notiert.“
Es mußte endlich wieder „Sinn“ in die Sache kommen, denn auf der Sitzung zuvor hatte überhaupt nichts geklappt, waren die Rauchgewohnheiten verdächtiger Personen mal so und mal so, waren Haut- und Haarfarben kunterbunt verschieden, von dem ganzen Durcheinander sich abwechselnder anthropometrischer Merkmale ganz zu schweigen. Da das mit dem auszuschaltenden Tonband doch nicht ganz so koscher wirken möchte und weil es lausige Rechtsanwälte gibt, die sich sowas vor Gericht peinlich erklären lassen möchten, erlaubt sich die Sinnesschärfe des KHM Berberich den Versuch eines Persilscheins in der Form einer überaus logischen Schlußbemerkung (S. 0105): „Das oben genannte Gespräch wurde auf ausdrücklichen Wunsch und unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes von Herrn Feiling nicht auf Tonband aufgenommen“, dessen „Gesundheitszustand“ bekanntlich darunter litt, daß er überhaupt verhört wurde, nicht aber unter einem geräuschlos mitlaufenden Tonband. Wobei der danach noch folgende Hinweis „Es erfolgte auch keine (handschriftliche) Protokollierung“ – logisch nur noch Rückschlüsse auf die lädierte mentale Lage der Beamten zuläßt, die offenbar nicht schreiben konnten.
Am 2.7.78 (S. 0138) haben sich jedoch die Verhörer sinnlich und handgelenkmäßig soweit erholt, daß die „Aussage“ des Tages wenigstens wieder „sinngemäß und handschriftlich“ protokolliert werden kann, weil man erkannt haben dürfte, daß die Methode des Ausschaltens des Tonbands und des Anschaltens der „Sinngemäßheit“ einen rascher vorwärts brachte. Woraufhin wir auf der Höhe der Seite 0148 plötzlich die bisher ganz ungewöhnliche Belehrung erfahren, nämlich am 5.7.78: „Sie wissen, daß Sie vor der Polizei keine Angaben zu machen brauchen, daß Sie einen Verteidiger befragen können.“ Glücklicherweise war der auch inzwischen aufgetrieben, ein Herr aus Ostfriesland, der den konservativen Eltern nahesteht, und der sich auch sonst insofern als ideal erweist, da er praktisch nur nominell in Erscheinung tritt und im übrigen mühelos in der Lage ist, den Hermann nicht auf sein gesetzlich verbrieftes Recht auf Aussageverweigerung gegenüber seiner Verlobten hinzuweisen und auch darüber nichts verlauten läßt, daß Feiling haftunfähig ist. Er betreut weiter seine Kanzlei in Emden und weiß seinen Mandanten in besten Händen, dem er rät „nur alles zu sagen“, und zwar in diesen Händen (S. 0182):
„Frage: Berlin? Wer beteiligt sich überhaupt bei der Zusammensetzung einer solchen Zeitung? – Herr Feiling, ich würde nicht so, den Mund, weil da so eine leichte Kruste ist.“
Wenn man nämlich schon sieht, daß jemand den Mund eigentlich gar nicht aufmachen kann, dann sollte man ihn weiter fragen. Und das geht lohnend bei der Herstellung von 1.300 systematischen Seiten nur über „sinngemäße Zusammenfassung“. Schließlich schlägt ja auch der auf den Tod Verwundete nach stundenlangem Befragen andauernd aus dem „sinnvollen“ Rahmen (S. 0239): „Feiling: Er wurde geschildert als jemand dort, also ich hätt‘, ich hab mir das jetzt nicht weiter überlegt, aber ich dachte, das einfach schon deswegen, weil die ja äh, also ich mein, weil die auch zusammen, äh, dann wenn sie versuchen zusammen ’n Auto aufzumachen oder so, daß, ich denk dann, ich denk dann, daß es irgendein Ziel hatte oder so, nee.“ Das geht natürlich so nicht. Wie soll man darauf einen Prozeß aufbauen und Leute verurteilen? Weswegen uns die Methode dieser Art der Herstellung von Beweismaterial nicht nur den „Sinnen“ sondern auch den Absichten der Frager nach gemäß erscheint.
In den Monaten August bis Oktober 78 bespricht Hermann Feiling illegal Kassetten, die er ohne Wissen seiner Bewacher nach draußen lanciert. Er verlangt seinen namentlich genannten Anwalt und erklärt im übrigen, er blicke nicht durch, was eigentlich passiert sei:
„Ich hätte jedenfalls diese Aussagen nie gemacht, wenn ich einen klaren Kopf gehabt hätte. Ich möchte also diese Aussagen zurücknehmen.“
Diese eindeutige, unmißverständliche Willensbekundung eines Menschen, der endlich seiner Sinne wieder mächtig ist, wird dann natürlich souverän im wenig später zu Ende gehenden Prozeß gegen Gerd Albartus nicht verwertet, sondern unter Hinweis auf den zur Akte geronnenen Aussageunsinn erledigt. Dies, obwohl der Düsseldorfer Senat die Tatsache der Schmuggelkassette und ihren Inhalt als „wahr“ unterstellt (Albartus-Anklage). Er erklärt ihren Inhalt indessen „zwanglos“ als das bloße Bemühen, andere wieder zu entlasten, weil die „Bedeutung seiner Aussage“ ihm klar geworden sei: die ihm eben, was wir immer schon sagten, vorher nicht klar gewesen sein kann.

Zum Prozeß gegen Hermann Feiling, Sybille Straub und Silvia Herzinger vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main

„Das wirkliche Verbrechen beginnt immer erst mit der Gerichtsverhandlung“. (Karl Kraus)

Für das, was mit Hermann Feiling (und anderen) geschah, hat der Staat heute einen „Strafanspruch“. Den wird in Kürze das OLG Frankfurt beurteilen; die Termine hierfür werden in allernächster Zeit mitgeteilt – wenn es nicht gelingt, die Obszönität und Niedertracht eines solchen Prozesses generell zu verhindern!
Nach der vorliegenden Anklageschrift beabsichtigt die Staatsanwaltschaft, ein gerichtliches Verfahren gegen Hermann, Sybille und Sylvia durchzusetzen. Gegen alle drei Leute existiert nicht der geringste Beweis, außer den angeblichen „Aussagen“ Feilings, die nach §136 der StPO unverwertbar sind, weil Hermann sich in lebensgefährlicher Situation befand, also „vernehmungsunfähig“ war, die auch in sich – nimmt man sie einmal ernst – verworren, unklar und äußerst widersprüchlich sind, die von Hermann Feiling selbst – noch während seines polizeilichen „Spezialgewahrsams“ – auf herausgeschmuggelten Tonbandkasetten nachdrücklich dementiert wurden, und bei denen eindrucksvoll belegt werden kann, wie sie unter Anwendung von „Methoden“ wie der Verabreichung psychotroper Substanzen, der Androhung eines Haftbefehls (obwohl haftunfähig), unter Androhung der Verweigerung therapeutischer Maßnahmen, unter Verzicht auf notwendige rechtliche Belehrungen und im übrigen unter allem nur eben erdenklichem Druck und der Erpressung in hilfloser Lage zustandekamen.
Aufgrund dieser „Ergebnisse“ kam Sybille in die Stammheimer Isolationshaft. Sylvia nach Preungesheim. Sybille für neun Monate. Die Aufhebung der Isolation wurde ihr für den Fall „versprochen“, daß sie selbst „Aussagen“ macht. Offenbar war man von der Stimmigkeit der „Aussagen“ ihres Verlobten Hermann nicht so überzeugt! Sybille soll jetzt wohl wieder in den Knast, obwohl dies zusätzlich für Hermann Feiling den katastrophalen Verlust seiner lebenswichtigen Bezugs- und Pflegeperson bedeuten würde. Im Falle Silvia Herzinger genügte es als Voraussetzung für Knast und  Verfolgung, daß Hermann einmal von einer „Friederike“ gesprochen habe, seiner „Kontaktperson“, die in einem Anwaltsbüro gearbeitet hätte, deren Eltern nicht arm seien, die in Frankfurt einmal eine Hausdurchsuchung erlebt hätte – was bekanntlich in Frankfurt auf dutzende Linke zutrifft. Bei alledem geht es der im Hintergrund federführenden Bundesanwaltschaft nicht allein um die Verurteilung und Bestrafung dieser drei Menschen – sondern man zielt mit dem Verfahren auch auf höhere Gründe.
Es geht um die gerichtliche Absegnung einer verfolgungsstrategisch sicheren Behandlung der „Revolutionären Zellen“. Wobei aufgrund der Feilingschen 1.300 Seiten zu beschließen ist, daß es sich bei den „RZ“ nicht um autonome Gruppen handelt, die selbständig handeln, sondern um zentral inspirierte und organisierte Einheiten, was auf eine wesentliche rechtliche und polizeiliche Erleichterung ihrer Verfolgung, Behandlung und natürlich Verurteilung hinausliefe. Derart, daß zukünftig jeder, der recht spontan einen Hausmacher- Brandsatz gegen beispielsweise ein bolivianisches Konsulat pfeffert, als abhängiger und diktierter Teil einer „großorganisierten Kriminellen Vereinigung“ anzusehen ist. Der also keinen eigenen Entschluß gefaßt hat, sondern den anderer nur vollzieht. Schon unmittelbar nach dem Unglück Hermann Feilings übernahm das BKA offiziell die weitere Verfolgung des „Komplex RZ“, die vorher in den Bereich der regionalen Landeskriminalämter fiel. Schließlich sind durch Feilings „Aussagen“ weitere Menschen belastet oder tendenziell belastbar, die zwar momentan nicht greifbar sind, deren mögliche Prozesse aber prozeßtechnisch sinnvoll antizipiert werden sollen. Wird also vom OLG Frankfurt der „Wahrheitsgehalt“ der 1.300 Seiten einmal grundlegend bestätigt, ist die angestrebte Verfolgung und  Verurteilung weiterer Leute ein Kinderspiel: ihre Prozesse wären reine Blaupausen des vorangegangenen Verfahrens nach der Art des „kurzen Prozesses“. Von daher scheint die Lage für Recht und Justiz ausgezeichnet: das Verfahren bietet die enorme Chance, einem verhandlungsunfähigen, in seiner Wahrnehmung stark beschränkten und an seiner „Prozeßsubjektivität“ gehinderten Angeklagten, der sich an seine „Aussagen“ in der Tat nicht „erinnern“ kann, den ihm fremden Text womöglich von den Beamten, die ihn schufen, solange als „sein Produkt“ vortragen zu lassen, bis die Sache unter Dach und Fach ist. Wir würden uns deshalb nicht wundern, wenn das Gericht (das bis jetzt anders denkt), Hermann Feiling am Ende doch noch die Verhandlungsunfähigkeit zugesteht. Man wäre dann auf noch besserem Niveau, man hätte:  eine „Aussage“ eines Bewußtlosen, aber von „bewußten“ Beamten gezeugt, und müßte man jetzt nur dies aussagestiftende Subjekt aus dem Gerichtssaal verbannen, wo er ja doch nur dementiert und im übrigen seine bloße Anwesenheit zur wahren Anklage würde.
Damit wäre man nämlich erst recht eigentlich ganz unter sich: von der „Aussage“ bis zur Verurteilung ohne das deliquente Subjekt. „Aussage“ wie Prozeß liefen dann also in funktionabler Selbsttätigkeit ohne jenen, um den es sich angeblich die ganze Zeit dreht.
Gelingt das, dann wären politische Prozesse endlich nur noch dazu da, das was man aus einem Hilflosen herausgeholt hat, ohne jeglichen Kontrollvorgang durch eine Rechtsstaatlichkeit „Im Namen des Volkes“ zu einer bloßen Angelegenheit einer „sinngemäß zusammenfassenden“ Polizei zu machen. Der angesetzte Prozeß wird nicht allein dadurch zum Verbrechen, daßer ( bis jetzt) gegen einen verhandlungsunfähigen Menschen stattfinden soll, der obendrein haftunfähig ist, sondern dadurch, daß vor Gericht erneut dessen Recht auf Menschwürde und körperliche Unversehrtheit angetastet werden sollen:
psychisch dadurch, daß ihm zu seiner Pein unendlich lang etwas als sein eigenes vorgetragen werden soll, worunter er zutiefst leidet, wovor er große Angst äußert, wogegen er sich wehrt. medizinisch dadurch, daß die wahrscheinliche Dauer eines aufwendigen Prozesses ihn an jeder Therapie und nicht zuletzt an einer ruhevollen psychosomatischen Rehabilitation hindert. dessen zunehmende „Epilepsieneigung“ endlich durch den Streß eines Prozesses wirkungsvoll gefördert wird. Wenn wir dazu aufrufen, diesem Prozeß allen Widerstand und  Protest entgegenzusetzen und in diesem Zusammenhang auf die Verhandlungsunfähigkeit Hermann Feilings hinweisen, dann nicht nur in dem vordergründigen Sinne, daß ein Sprengsatz ihm das Augenlicht und beide Beine geraubt hat (was für einen Richter nur heißt, daß er sich das noch selber zuzuschreiben hat), sondern wir wehren uns gegen die Zerstörung, die Folter und Unrechtmäßigkeit, die ihn während der Vernehmungen zu erlogenen „Aussagen“ gepreßt hat und die ihn während des bevorstehenden Verfahrens erneut zum gequälten Objekt einer Prozeßfarce werden lassen soll.
Die Herstellung von solchen „Opfern“ gehört zum Ethos der Bundesanwaltschaft, zur Unsittlichkeit der deutschen Justiz.
Für uns ist Hermann Feiling ein schwer getroffener Mensch, nicht aber ein bloßes „Opfer“, das nun auch noch von uns behandelt und verwaltet werden müßte, sondern wir sehen in ihm einen aufrechten Menschen, der sich aktiv unter unmenschlichen Bedingungen schon damals gegen das wehrte, was ihm angetan wurde. Einen lieben Freund, der heute vollbewußt und unter Verfügung über seine ganze menschliche und  politische Identität gegen eine Barbarei kämpfen will, die ihm und anderen nun noch bevorsteht. Es ist sicher richtig, daß Hermann Feiling für diesen Prozeß medizinisch wie psychosomatisch verhandlungsunfähig ist, eine häufiger auftretende Epilepsie ihn rechtlich ohne Einschränkungen als „Prozeßsubjekt“ ausschließt, daß alle Menschlichkeit und jede Psychologie gegen seine erneute Traumatisierung sprechen, das ist die eine Seite des Geschehens; die andere ist gewiß die, daß Hermann mit der nötigen Verachtung und Indignation voll verhandlungsfähig dem Gericht einen Prozeß erklären sollte, dem er dessen Schandtat vorzuwerfen hat – nicht umgekehrt: soweit dies in seinen Kräften steht!

(Gegen Hermann Feiling wurde das Verfahren nach seiner Vernehmung letztendlich eingestellt, Sybille Straub zu 15 Monaten Knast auf Bewährung verurteilt und Sylvia Herzinger freigesprochen.)
http://www.freilassung.de/div/texte/rz/zorn/Zorn60.htm
Weitere Infos: http://www.freilassung.de/div/texte/rz/dir/feiling.htm

 

Schriftsatz des Rechtsanwaltes von Christian von 2009

06.03.2009
In der Strafsache gegen Christian G. / 931 Gs
lege ich gegen den Haftbefehl [von 1999 gegen Christian] Beschwerde ein. Begründung:
Der Haftbefehl stützt sich zentral auf die Aussagen von Hermann F., die dieser nach einem Explosionsunfall am 23.6.1978 gemacht hat. Durch die Explosion hat Herr F. schwerste Verletzungen an Beinen, Augen sowie Verbrennungen im Gesicht erlitten, die es erforderlich machten, ihm beide Beine oberhalb der Oberschenkel zu amputieren und beide Augen zu entfernen. Durch die Explosion ist eine Hirnschädigung entstanden, die später die Entwicklung einer posttraumatischen Epilepsie zur Folge hatte. Diese Verletzung wurde erst nach seinen Vernehmungen diagnostiziert. Es wird anhand der Krankenakten zu prüfen sein, ob eine Hirnquetschung vorgelegen hat, die eine Persönlichkeitsveränderung hervorrufen kann.
Seit seiner Einlieferung in die Universitätsklinik Heidelberg am 23.6.1978 bestand die Weisung der Ermittlungsbehörden, Hermann F. polizeilich bewachen zu lassen und jeglichen Kontakt zwischen ihm, seinen Freunden, Vertrauten und Bekannten auszuschließen. Ausgenommen waren seine Eltern und ein von ihnen beauftragter Rechtsanwalt. Diese Weisung bestand für die Zeit des Klinikaufenthalts bis zum 14.9.1978 als auch für die anschließende Verwahrung in den Polizeikasernen von Oldenburg und Münster bis 31.10.1978.
Herrn F. war Beschuldigter in dem Verfahren, gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen, der ihm aber nicht verkündet wurde.
Die Aussagen, auf die der Haftbefehl gegen meinen Mandanten gestützt wird, sind ausschließlich in dieser Zeit erfolgt.

Zum Beweis der Tatsache,
dass Herr F. aufgrund der erlittenen Verletzungen, der hierdurch verursachten Traumata, durch die unterbliebene psychologische Behandlung der Traumata, durch das mehr als 4 Monate dauernde Kontaktverbot zu und von Freunden und Vertrauten während der „Verwahrung“ in der Klinik und den Polizeikasernen in der Zeit vom 23.6.1978 bis 31.10.1978 in seiner Erinnerungsfähigkeit und Einsichtsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war, so dass er die Fähigkeit die inhaltliche und wertmäßige Bedeutung seiner Aussage zu erkennen in dieser Zeit verloren hatte, wird beantragt, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Anknüpfungstatsachen ergeben sich aus den Vernehmungsniederschriften von Herrn F. im oben genannten Zeitpunkt und  aus den  – beizuziehenden – Akten OLG Frankfurt OJs 42/78 ./. H. u.a. und den dort befindlichen Gutachten von Prof. Mentzos, Frankfurt; Prof. Jacob, Marburg; Dr. Brambring, Marburg; Dr. Schwedes, Frankfurt;  Prof. Harlfinger.
Hierzu ist im Einzelnen auszuführen:
Herr F. ist von mehreren Sachverständigen im Hinblick auf seine Verhandlungsfähigkeit untersucht worden, z.T. wird in den Gutachten auch von Vernehmungsfähigkeit gesprochen. Die Sachverständigen waren sich einig, dass Herr F. vom Zeitpunkt des Unfalles bis zum 5./6. Juli 1978 verhandlungs- und vernehmungsunfähig war. Beispielhaft soll hier aus dem Gutachten von Prof. Mentzos, Frankfurt zitiert werden:
„Der Verlust beider Augen und der Verlust beider unteren Extremitäten sind nur die sichtbaren gravierenden Folgen dieses Explosionsunfalls. Darüber hinaus und im Gegensatz zu den ursprünglichen Diagnosen muß man heute davon ausgehen, daß Herr F. dabei auch eine leichte hirnsubstantielle Schädigung erlitten hat, die später die Entwicklung einer posttraumatischen Epilepsie zur Folge hatte. …
Es besteht wohl kein Zweifel daran, daß ein solcher akuter Verlust eine erhebliche Belastung der Kompensationsmöglichkeiten jedes Menschen darstellt. Wenn die verschiedenen Zeugen angegeben haben, daß sie erstaunt über die „Fassung“ von Herrn F. waren, so ist das – wie schon oben angeführt – darauf zurückzuführen, daß er aufgrund seiner habituellen Mechanismen der Verdrängung und Leugnung in der Lage war, die Fassade einer gelungenen Kompensation und Distanzierung zu vermitteln. Man muß aber mit Herrn Prof. Harlfinger davon ausgehen, daß er dazu erhebliche Mengen seelischer Energie gebraucht hat. Von daher ergibt sich die Frage, ob es dadurch einen solchen „Kräfteverschleiß“ gegeben hat, daß Herr F. nicht in der Lage war, sich gegen das „Eindringen“ der ihn vernehmenden Personen zur Wehr zu setzen. …
Es ist gewiß nicht meine Aufgabe zu prüfen inwieweit die sonstigen Bedingungen, unter denen die Vernehmungen durchgeführt wurden, einen für Herrn F. unzumutbaren psychischen Druck ausgeübt und somit seine Verhandlungsfähigkeit und speziell seine Willensfreiheit beeinträchtigt haben. Dies sind ja Fragen des Tatbestandes dessen evtl. psychologischen Auswirkungen im Bereich der Normalpsychologie angehören und somit von den Mitgliedern des Senats ohne spezielle psychologische Fachkenntnisse festgestellt und eingeschätzt werden können.“
Aus dem zuletzt zitierten Absatz im Gutachten von Prof. Mentzos wird deutlich, dass er seine gutachterliche Aufgabe nicht auf die Umstände erstreckt hat, unter denen Herr F. im Krankenhaus und in den Polizeischulen verwahrt worden ist, sondern diese Auswirkungen auf den schwer traumatisierten Herrn F. dem „Bereich der Normalpsychologie“ zugeordnet hat, die ohne spezielle Fachkenntnisse festgestellt werden können. Auch die anderen Sachverständigen gehen – mit Ausnahme von Prof. Harlfinger – auf die Folgen der Verwahrung von Herrn F. nicht ein.
Diese Auffassung ist heute wissenschaftlich in keiner Weise mehr haltbar. In den letzten 20 Jahren ist umfangreich auf dem Gebiet der Posttraumatischen Belastungsreaktion und Belastungsstörung geforscht worden. Die Behandlung von Folteropfern, von Menschen, die in Kriegen Mord, Vergewaltigung und schwerste Körperverletzung erlebt haben, hat die Auswirkungen schwerer Traumata zu einem der wichtigsten Forschungsthemen der Psychiatrie gemacht.
Im Folgenden soll kurz skizziert werden, welchen Bedingungen Herr F. nach seinem Explosionsunfall ausgesetzt war:
Seit seiner Einlieferung in die chirurgische Klinik Heidelberg bestand die Weisung, Herrn F. polizeilich bewachen zu lassen, um jeglichen Kontakt  zwischen ihm, seinen Freunden, Vertrauten und Bekannten auszuschließen. Lediglich seinen Eltern und einem nicht von Herrn F. gewählten Anwalt wurden Besuche gestattet. Abgesehen von dem Klinikpersonal bestanden die alltäglichen sozialen Kontakte ausschließlich in polizeilichen Ermittlungsbeamten, zeitweise auch in Staatsanwälten und einem Richter. Sie waren Bewacher, Ermittler, Pfleger und soziales „Umfeld“ in einer Person und ließen sich auch durch die erkennbar schweren Verletzungen nicht davon abhalten, die Gunst der Stunde zu nutzen, um „in die Revolutionären Zellen einzudringen“, wie sich der damalige Generalbundesanwalt Rebmann in einer Pressekonferenz am 4.7.1978 ausdrückte.
In einem Schriftsatz an das Gericht beschreibt Rechtsanwalt Baier, der spätere Verteidiger von Herrn F., die ersten Krankenhaustage:
„ Der Sprengsatz explodierte auf dem Schoß von F. am 23.Juni 1978 gegen 10.00 Uhr. Er wird sofort in die Universitätsklinik Heidelberg gefahren. Dort werden beide Beine knapp unterhalb des Beckens amputiert und die beiden Augen entfernt. Die Operation dürfte gegen 13.00 Uhr beendet sein; ihr genaues Ende ist nicht bekannt, die Krankenblätter beginnen jedoch mit der Eintragung von 13.00 Uhr. F. liegt auf der Intensivstation. Wann die Wirkungen des wahrscheinlich morphinhaltigen Narkosemittels völlig abgeklungen sind, weiß derzeit niemand; er erhält im Laufe des 23. Juni mehrfach starke Schmerzmittel. Am Tag darauf kann er morgens noch nicht sprechen, da er immer noch intubiert ist. Nachdem er vorher schon wusste, dass beide Augen entfernt waren, erfährt er auch im Laufe des Vormittags des 24. Juni, dass er auch beide Beine verloren hat. Zu dieser Zeit leidet F. zusätzlich zu den bereits beschriebenen Verletzungen noch an Platzwunden und Verbrennungen Zeiten Grades im Gesicht und an der Kiefernhöhlenverletzung, einem Einbruch im Bereich des Kiefernhöhlendaches (Blow-Out-Fraktur). Durch ein Gutachten eines Neurologen konnte im September  dieses Jahres (gemeint ist das Jahr 1980) festgestellt werden, dass er auch eine Hirnverletzung erlitten haben muss.
Unter dem Schock der Bewusstwerdung seiner körperlichen Versehrungen liegt der verstümmelte F. unter Tüchern an den Schläuchen, als unmittelbar nach der Extubation, also der Beendung der Beatmung, die Vernehmungen beginnen, obwohl F. noch immer in akuter Lebensgefahr schwebt. Um 13.30 Uhr nähert sich ihm ein Staatsanwalt, der ihn – wie er in der Akte vermerkt – ausdrücklich nicht belehrt, ihn aber dann umfangreich verhört.
Die Verhöre werden fortgesetzt am 25. Juni für die Dauer von 3 ¾ Stunden. Am 30. Juni 1978, als z.B. Regierungsrat Schuhmacher von der Justizvollzugsanstalt eine erhöhte Selbstmordgefahr für Sybille Straub deswegen für möglich hält, weil er erfahren hat, dass F. möglicherweise nicht überleben werde, wurde F. mindestens 2 Stunden 42 Minuten verhört. „Mindestens“ sage ich deswegen, weil die Verhörer es unterlassen haben, das Ende des um 19.30 Uhr beginnenden Verhörs aufzuzeichnen. In den 4 Tagen vom 27. bis 30. Juni 1978, als F. in akuter Lebensgefahr war, wurde er mindestens zusammen 8 ¾ Stunden verhört.

Schließlich kommt eine noch sehr viel komplexere Dimension hinzu: Infolge seiner völligen und totalen Hilflosigkeit als Erblindeter und Amputierter war F. bewusst, dass er in totaler Abhängigkeit von der Hilfestellung anderer war. Medizinisches Pflegepersonal und Polizeibeamte waren für ihn nicht unterscheidbar. Andererseits steht auch fest, dass die Polizeibeamten ihn auch tatsächlich versorgt haben. Alles was mit ihm geschah, erfolgte nur aufgrund der Zustimmung durch die Beamten. Er wurde gewaschen, gefüttert, auf die Schüssel gebracht, umgebettet, zur Vermeidung des Wundliegens gepudert, getragen etc.; er hatte keinerlei Möglichkeit der eigenen Auswahl in seinen Kontakten und befand sich zu den ihn umgebenden Polizeibeamten im engsten Abhängigkeitsverhältnis.“
Soweit das Zitat aus einem Schriftsatz von Rechtsanwalt Baier.

Besucher, die versuchten, Herrn F. in der Klinik zu besuchen, wurden nicht nur abgewiesen, sondern wie Eckhart G. – ein Schulfreund von Herrn F. – am 25.6.1978 beim Betreten der Klinik festgenommen und mehrere Stunden im Dezernat Staatsschutz der Heidelberger Polizei vernommen. Am 1.7.1978 wollte das Ehepaar Cordula und Rainer K. Herrn F. besuchen. Es wurde gleichfalls festgenommen und unter der Beschuldigung der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mehrere Monate inhaftiert, ohne dass hierfür auch nur der geringste Grund bestand.
In der Klinik waren Polizeikräfte stationiert, die durch die Gebäude streiften, um auf jeden Fall eine unkontrollierte Kontaktaufnahme zu verhindern und die Kontaktsperre absolut aufrechtzuerhalten.
Nachdem die unmittelbaren Verletzungen an den Augenhöhlen und Beinstümpfen nicht mehr im Krankenhaus versorgt werden mussten, wurde Herr F. auf die Sanitätsstation der Landespolizeischule Oldenburg vom 14.9. bis 9.10.1978 verlegt. Auch dort wurden jegliche Kontakte – mit Ausnahme der oben dargestellten – unterbunden und die Vernehmungen fortgesetzt.  Herr F. wurde, wie es im Urteil des OLG Frankfurt OJs 42/78 heißt, dort von „als Sanitäter ausgebildeten Polizeibeamten rund um die Uhr pflegerisch versorgt. Er hat mit ihnen Skat und Brettspiele gespielt,  habe Rundfunk und Fernsehen gehört und sich aus Zeitungen vorlesen lassen.“(Urteil S. 69)
Nach der Verwahrung in Oldenburg wurde Herr F. bis Ende Oktober in der Polizeikaserne Münster untergebracht. Auch während dieser Zeit wurden die Abschottungsmaßnahmen aufrechterhalten.
Eine psychiatrische Behandlung des erlittenen Traumas fand in dieser gesamten Zeit nicht statt.
Beendet wurden der Freiheitsverlust und die absolute Abschottung von anderen Besuchern nach folgendem Vorgang:
Rechtsanwalt Baier wollte ein Verteidigergespräch mit Herrn F. führen, er wies sich aus, legte seine Vollmacht vor und wurde dennoch von den bewachenden Polizeibeamten mit der Begründung abgewiesen, dass Herr F. seinen Besuch nicht wünsche. Rechtsanwalt Baier beantragte eine gerichtliche einstweilige Anordnung, um sich so den Zugang zu seinem Mandanten zu verschaffen. Das Gericht ordnete das persönliche Erscheinen von Herrn F. an. Bevor der Termin stattfand, wurde Herr F. freigelassen. Rechtsanwalt Baier hat ihn dann in dem weiteren Verfahren verteidigt.
Die erste Vernehmung des Beschuldigten Herrn F. fanden am 24.6.1978  – also einem Tage nach dem Unfall statt. In teils täglichen Vernehmung wurden so bis Oktober 1978  1.296 Blatt Aussagen zu den Akten genommen. Darunter auch die Aussagen, auf die sich der Haftbefehl gegen meinen Mandanten stützt.

Der Sachverständige wird bekunden:
Herr F. war in den ersten Wochen nach dem Unfall aufgrund der hirnorganischen Störungen, der Medikation, den Folgeerscheinungen nach der Erblindung und den Amputationen und den psychischen Belastungen in seiner Einsichtsfähigkeit und seinem Erinnerungsvermögen entscheidend eingeschränkt.
Herr F. war auch in den weiteren Wochen seines Aufenthalts unter polizeilicher Bewachung aus psychiatrischer Sicht entscheidend in seiner Einsichtsfähigkeit und seinem Erinnerungsvermögen eingeschränkt.
Hinsichtlich der Ziffer 1) sind die oben genannten Sachverständigen – die auch in der Hauptverhandlung OLG Frankfurt OJs 42/78 gehört worden sind –  schon zu diesem Ergebnis gekommen.
Der Sachverständige Prof. Harlfinger ist der Auffassung gewesen, dass Herr F. aufgrund der massiven psychischen Belastung über diesen Zeitpunkt hinaus in seiner Verhandlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen ist. Der Senat ist dieser Auffassung damals nicht gefolgt.
Der nun zu beauftragende Sachverständige wird bekunden, dass die unmittelbarste Reaktion nach einem traumatischen Erlebnis das Gefühl von Angst, Unsicherheit, körperlicher Unruhe und Schreckhaftigkeit ist. Eine Symptomatik, die auch bei Herrn F. aufgetreten ist.
Das Gefühl der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins lässt den Wunsch nach Geborgenheit übermächtig werden. Personen, die dem Traumatisierten nicht feindlich gegenüber treten, schenkt er Vertrauen, jedes Gespräch ist wie ein Rettungsring, an den er sich klammert. Bei den Versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, stimmt er die Worte oft darauf ab, was der Andere hören will. Die Bruchstücke an Informationen, die aufgenommen werden, die Schlüsse, die gezogen werden, ob richtig oder falsch, gelten nur für einen Augenblick. Das Gehirn ist nicht in der Lage, Zusammenhänge zu erfassen. Die Gefühle sind derart formbar geworden, dass sie sich lenken lassen. Kaum ist der Traumatisierte allein, stürzen irreal Menschen und Wahnbilder auf ihn ein.
Die plötzliche Erblindung, die Amputationen, der Unfallschock haben bei Herrn F.  diese Gefühle und Reaktionen massiv ausgelöst. Er hat sich in völliger Abhängigkeit zu den Menschen seiner Umgebung gefühlt und versucht, die Erwartungen dieser Menschen zu erfüllen. Die Abwesenheit von Personen seines Vertrauens – die sporadische Anwesenheit seiner Eltern änderte daran nichts – führte dazu, dass er seine Hinwendung auf die Personen richtete, die täglich bei ihm waren. Eine Hauptbezugsperson war der Polizeibeamte B., der  den gesamten Zeitraum von Ende Juni bis Ende Oktober 1978 nahezu täglich anwesend war und auch die Vernehmungen durchführte. Die Polizei war Herr über seine gesamte Lebenssituation, sie führte medizinische Pflegebehandlungen durch, „unterstützte“ ihn in alltäglich Dingen, spielte mit ihm Schach und führte Vernehmungen durch, deren Ablauf aus den Akten allenfalls bruchstückhaft zu entnehmen ist. Hilflosigkeit, Orientierungslosigkeit und Abhängigkeit wurden von den Vernehmungspersonen ausgenutzt, um an Aussagen von Herrn F. zu kommen.
Der Sachverständige wird bekunden, dass die von den früheren Gutachtern diagnostizierte Vernehmungsunfähigkeit bis 6./7. Juli 1978,  über diesen Zeitraum hinaus andauerte und zumindest für die gesamte Zeit der Isolierung im Krankenhaus und den Polizeikasernen vorlag.
Hierbei ist entscheidend, dass Herrn F. eine dringend benötigte Therapie vorenthalten wurde und er somit nicht in der Lage war, sein Trauma zu bearbeiten. Vielmehr wurde die Posttraumatische Belastungsstörung chronisch, mit der Folge, dass Herr F. alles vermeiden wollte, was an das traumatische Ereignis erinnern konnte.  Hinzu kamen Erinnerungs- und Konzentrationstörungen, Kontrollverlusterlebnisse, das Gefühl „ich werde verrückt“ oder „ich drehe durch“, wenn Erinnerungsfetzen an das Unfallereignis auftauchten.
All dies verhinderte eine freie Willensentscheidung über seine Aussagefreiheit.
Signifikant ist in diesem Zusammenhang, dass er bei einem Vernehmungsversuch durch das OLG Düsseldorf am 29.9.1978 von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Der Sachverständige Dr. Brambring führt dies darauf zurück, dass einer der anwesenden Rechtsanwälte (RA Temming) Herrn F. auf sein Aussageverweigerungsrecht aufmerksam gemacht hat. Offensichtlich sah sich Herr F. in dieser kurzen Aufhebung seiner Isolation durch einen anwesenden Rechtsanwalt darin gestärkt, sein Beschuldigtenrecht wahrzunehmen.
Der Sachverständige wird bekunden, dass dies ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass Herr F. sich in der Zeit der Isolation den Verhörspersonen ausgeliefert sah und keine freie Willensentscheidung hinsichtlich seiner Aussage treffen konnte.
Es wird beantragt, den Sachverständigen zu beauftragen, an Hand der vorliegenden Gutachten, Aussagen und weiteren Aktenteile – insbesondere auch aus dem Verfahren OLG Frankfurt OJs 42/78 – sein Gutachten zu erstellen.
Es wird beantragt, die Verteidigung bei der Auswahl des Sachverständigen zu beteiligen.
Eine – etwaige – Einwilligung des Beschuldigten Herrn F. in die Art und Weise seiner „Verwahrung“ wäre unbeachtlich, da Herr F. während des gesamten Zeitraums seiner Vernehmungen in seiner freien Willensentschließung gravierend beeinträchtigt war. Die Aussagen sind insgesamt unter Verstoß gegen § 136a StPO zustande gekommen und damit unverwertbar.

 

Der Fall Savvas Xiros
Die Geschichte von Savvas Xiros ist nicht nur in Griechenland, sondern international bekannt. In seinen Händen explodierte im Sommer 2002 vorzeitig eine selbstgefertigte Bombe, gedacht für einen Anschlag auf einen leerstehenden Verkaufskiosk einer griechischen Schifffahrtsgesellschaft.  Savvas wurde durch die Explosion schwer verletzt und zwischen Leben und Tod schwebend auf die Intensivstation eines Krankenhauses gebracht. Die dortige ärztliche Behandlung zur Rettung des Lebens des Verletzten wurde vom ersten Augenblick an begleitet durch barbarische Verhöre mit denen ihm Informationen über die „Revolutionäre Organisation 17. November, 17N“, der Savvas angehörte, abgepresst werden sollten. Seine Erfahrungen auf der Intensivstation hat Savvas Xiros in einem Buch beschrieben, das im Dezember 2007 im Pahl-Rugenstein Verlag unter dem Titel „Guantanamo auf griechisch  –  Zeitgenössische Folter im Rechtsstaat“ in deutscher Sprache erschienen ist.
Die durch die Explosion und die durch die Behandlung der Untersuchungbehörden erlittenen Schäden (eine Behandlung die er als „das Verbrechen des Evangelismos Krankenhauses“ bezeichnet) sind schwerster Art. Der zu 5Mal lebenslänglich verurteilte Savvas Xiros sitzt derzeit sein sechstes Jahr zusammen mit anderen im gleichen Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der 17N Verurteilten unter eigens für diese politischen Gefangenen geschaffenen Isolationsbedingungen ab. Savvas hat drei Finger der rechten Hand verloren, ist fast blind, fast taub und leidet unter schweren Gesundheitsschäden wie Atemproblemen, Gleichgewichtsstörungen, Schäden des Nervensystems und den Nachwirkungen innerer Verletzungen. Das wenige ihm verbliebene Augenlicht droht im Gefängnis unwiederbringlich verloren zu gehen.
Obwohl diese schweren Gesundheitsschäden ärztlich dokumentiert sind, sind alle drei bisher von Savvas gestellten Anträge auf Strafaussetzung zur Behandlung in einem Krankenhaus von den Behörden abgelehnt worden.

www.abc-berlin.net/aufruf-fur-die-freilassung-von-savvas-xiros
http://antifa.vvn-bda.de/200809/2401.php