Bericht 28.5. Rechtsanwälte des Kronzeugen Klein diktierten 1999 dem BKA die Aussagen ihres Mandanten

Sonja Suders Rechtsanwältin Verleih gab zu Beginn eine Stellungnahme zu den beiden zuletzt gehörten Zeugen, die Richter Bünger und Gehrke, ab. Sie fasste deren Aussage zusammen: Der Kronzeuge H-J Klein konnte nichts konkretes zur Angeklagten Sonja Suder sagen. Er konnte zum Beispiel nicht sagen, wie er sie kennengelernt hat. Nicht über ein einziges Gespräch konnte Klein etwas detaillierter berichten. Klein konnte auch nichts über die Transportbehältnisse der Waffen schildern, die Sonja Suder nach Wien transportiert haben soll, und er konnte sich nicht zu Aktionen der RZ und seinem eigenen (Tat-)Beitrag äußern; – zu Gruppen, in denen er tatsächlich Mitglied war, zum Beispiel die Putzgruppe oder der Revolutionäre Kämpf (RK), hat er allerdings Informationen regelrecht herausgesprudelt. Sowohl Suder als auch Gauger gehörten, so Verleih abschließend, nicht zu den Personen, von denen Klein den Matthias Belz gewarnt hat, keinen Kontakt mit ihnen aufzunehmen, weil sie RZ-Mitglieder seien.

Die nächsten Stunden, bis in den Nachmittag, wurden nacheinander zwei BKA-Kommissare gehört, die bei der Auslieferung von H-J Klein 1999 zugegen waren und die ihn im gleichen Jahr in Deutschland neunmal verhört haben. Es handelte sich dabei um Uwe Giegelmund, der seit 1996/97 mit dem Komplex H-J Klein beschäftigt und der Aktenführer war, und um Guido Schneider, der 1994 das Verfahren übernommen hatte und der Verfahrensführer war. Beide sind Mitte 40 und kommen vom BKA in
Meckenheim. Sie haben sich auf ihre Zeugenvorladung durch Studium der alten Ermittlungsakten/Vernehmungsprotokolle vorbereitet.

Bei den mehrstündigen Verhören in der JVA Weiterstadt waren neben Staatsanwalt Rath auch Kleins Anwälte Herr Kempf und/oder Frau Dannenfels anwesend. Beide BKA-Zeugen berichteten, dass nahezu sämtliche verschriftlichen Formulierungen der Aussagen von Klein aus dem Mund dieser beiden Rechtsanwälte stammte. Klein hätte zwar gesprochen, danach hätten aber die Anwälte bzw. Rechtsanwältin Dannenfels „die Antworten diktiert“. Die Aussagen sind also nicht Originalton Klein, so die Zeugen.

Der erste Zeuge stellte während Kleins Verhören mehrere Widersprüche zwischen geschildertem Tatablauf und objektiven Tatbefund fest. Klein bezog sich auf sein Buch, habe immer wieder darauf verwiesen und sei bei Hinweisen auf Widersprüche bei seinen Aussagen im Buch geblieben. Die Verhöre von Klein fanden, so der Zeuge, in Absprache mit den Ermittlern im Verfahren gegen Sonja Suder statt. Das könnten Herr Klose und Frau Baumann gewesen sein.

Der Zeuge sagte, dass er – abgesehen vom OPEC-Anschlag – keinerlei Erkenntnisse über eine RZ-Mitgliedschaft Kleins habe. Er berichtete ebenfalls, dass Klein vor seiner Verhaftung in Frankreich mit Rechtsanwalt Sternsdorf in Hamburg kooperiert habe.
In den Verhören hat Klein allerhand gesagt, was zum Teil im laufenden Verfahren schon Thema war, zum Teil auch noch nicht. Klein hat in einem Verhör 1999 zum Beispiel geäußert, dass H. Feiling kein RZ-Mitglied gewesen sein könne, weil W. Böse Ende 1975, vor dem OPEC-Anschlag, unter den Personalien von H. Feiling in einem Schweizer Hotel abgestiegen war.

Bei der Befragung der BKA-Beamten am heutigen Tag ging es noch um die Aussage eines Arztes, der von einem arabischen Kommando-Mitglied nach dem OPEC-Anschlag erzählt bekam, dass – so der Plan – beim OPEC-Anschlag keine Schüsse abgegeben werden sollten. Und es ging um ein zweites Buch, das Klein im Berliner Verlag Günter Fest veröffentlichen wollte, weshalb es bei dem Verlag zu einer Hausdurchsuchung kam.

Neben den beiden Kommissaren waren weitere BKA-Kolleg/innen mit dem Fall Klein vertraut. Diese Beamten sind potentielle weitere Zeuge für das aktuelle Verfahren. Als Namen fielen Herr Klose, Herr Dehnecke, Herr Hügel und Frau Gassen.

Vor den Verhören Kleins in Deutschland gab es auch Verhöre in
Frankreich. Dort sei Klein ein Foto von Sonja Suder vorgelegt worden. Welches ist bis heute unklar. Ob und welche deutschen Beamten daran beteiligt waren, wussten die beiden Kommissare nicht (mehr). Aus den vorliegenden Akten geht jedoch nicht hervor, dass die BKA-Beamten ein Foto oder eine Lichtbildmappe für die Verhöre nach Frankreich geschickt hätten. Dies wäre, so die beiden Zeugen, auf alle Fälle aktenkundig worden. So ist immer noch nicht abschließend geklärt, ob aktuell noch Akten fehlen.

Nachdem auch der zweite Zeuge entlassen war, fragte Rechtsanwalt D. Hartmann die Vorsitzende Richterin B. Stock, warum sie dem Gutachter Dr. Haag zweimal das Gutachten von Dr. Mensos zugeschickt hat. Nachdem am 8. Februar 2013 die Empfangsbestätigung einging, hat B. Stock am 6. März nochmal dieses Gutachten geschickt mit der Bitte, diese Erkenntnisse bei der erneuten Begutachtung miteinzubeziehen. Richterin Stock war nicht in der Lage, auf die Frage des Rechtsanwaltes zu antworten. Sie meinte nur, sie müsse prüfen und: Wir können ja Herrn Dr. Haag befragen, was wann bei ihm eingegangen ist. Als Rechtsanwalt D. Hartmann um eine Unterbrechung für eine Beratung mit seiner Mandantin über einen unaufschiebbaren Antrag bat, unterbrach Richterin Stock die Verhandlung bis zum nächsten festgesetzten Termin am 4. Juni 2013.

Am Dienstag 4.6. kommt zum zweiten Mal Dr. Haag, am Freitag 7.6. kann nur einer der beiden geladenen Sachverständigen/Zeugen (Herr Schäfer) kommen und am Dienstag 11.6. kommt um 9h Halmberger und um 13h Dewitz.

Dieser Beitrag wurde unter Prozessberichte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.