Bericht vom 9.4. – Beugehaft und Abtrennung des Verfahrens

Hier der ausführliche Bericht zu den Zuständen am 9.4.

Zu Beginn ging es um ein neues vorliegendes Gutachten zum Gesundheitszustand von Christian. Daraufhin wurde Christians Verfahren vom dem gemeinsamen Verfahren zusammen mit Sonja abgetrennt.
Die Einstellung seines Verfahrens, wegen Verhandlungsunfähigkeit, ist damit aber noch nicht entschieden. Auch ist es ihm nicht gestattet, vom Zuschauer_innenraum aus den Prozess weiter zu verfolgen, da er immer noch im Verfahren gegen Sonja als Zeuge vorgeladen werden könnte.

Das Procedere bezüglich des weiteren zeitlichen Verlaufs wird besprochen. Die Richterin möchte die Prozesstage verlängern, nachdem die zeitliche Begrenzung wegen Christian jetzt nicht mehr besteht. Sie weist darauf hin, dass an den kommenden drei Terminen Klein wieder da sein wird und es günstiger wäre, mehr Zeit zur Verfügung zu haben, da der Zeuge Klein aus beruflichen Gründen bereits am 20.4. wieder zurück sein muss. Zunächst ist es aus Termingründen nur möglich, am 19.4. den Verhandlungstag bis 15.00h zu verlängern.

Danach war die Zeugin Sibylle S. zum wiederholten Male vorgeladen.
Bereits im Oktober 2012 sollte sie Angaben zum Komplex Heidelberger Schloss machen. Damals verweigerte sie schon die Aussage und wurde daraufhin mit einem Ordnungsgeld belegt (vgl. Prozessbericht vom 12.10.) Die Richterin führte aus, dass die damals von ihrem Anwalt eingelegte Beschwerde kostenpflichtig abgelehnt wurde, da ihr in diesem Fall kein Auskunftsverweigerungsrecht zustehe. Demnach sei sie heute zur Aussage verpflichtet „ansonsten zwingt uns das Gesetz Beugehaft zu verhängen.“
Auch am heutigen Prozesstag hielt Sibylle S. an der Verweigerung einer Aussage fest. Dazu hat Sie folgende Begründung verfasst, die nach der Verhandlung verteilt wurde. Erklärung

Ihr Rechtanwalt Borowsky hiel noch einen Plädoyer zur Geschichte von Zeugnisverweigerungen und dem unterschiedlichen Umgang der Justiz damit. Sowie dem Sinn und Zweck von Beugehaft und der Frage, mit welchen Ziel die Beugehaft bei seiner Mandantin verhängt werden soll? Antrag des RA

Auch die Staatsanwältin unterstützt die Verhängung von Beugehaft gegen Sibylle S. und hält diese für verhältnismäßig, weil auch sie keinen Grund zur Zeugnisverweigerung sieht und zudem wegen der Schwere der zur verhandelten Tat, weil Sibylle S. Kontakt zu Sonja und Christian hatte und weil noch nicht klar ist, ob Hermann F. aussagen kann.
Auch das Argument des Verteidigers, „die Aussage von Frau S. sei unerheblich“, könne sie nicht gelten lassen. Denn es kann nicht sein, dass Frau S. sich über 30 Jahre um Herrn F. kümmert, mit ihm zusammen wohnt und kein Austausch darüber stattgefunden habe.
Nach empörten Zwischenrufen aus dem Zuschauer_innenbereich wurden von einer Person die Personalien festgestellt und gegen sie eine Ordnungsstrafe von 100 Euro, ersatzweise ein Tag Knast, verhängt.
Zum Schluss stellt sie noch die süffisante Frage, ob sich denn auch andere der verschworenen Gemeinschaft um Hermann F. gekümmert haben?
Um 11.45 richtet sich Richterin Stock nochmal an Sibylle mit der Frage: „So Frau S., haben Sie sich’s nochmal überlegt?“
Danach verhängt sie Beugehaft bis zu 6 Monaten. Und begründet, die Zeugin habe in diesem Fall kein Zeugnisverweigerungsrecht, anders als bei den RAF-Prozessen…
Auch sei das Ermessen des Gerichts nicht frei, es müsse sich richten nach der Verhältnismäßigkeit, und Beugehaft sei unerlässlich zur Aufklärung, weil sie die einzige Zeugin ist. Ansonsten müssten die Folterprotokolle von Hermann F. weiter verlesen werden; außerdem sei sie unmittelbar bei dem Brandanschlag auf das Heidelberger Schloss beteiligt gewesen, anders als Herr F.
Dann wird Sibylle in Handschellen aus dem Saal geführt unter lautstarkem Protest der Zuschauer_innen, weshalb der Zuschauerbereich geräumt und eine halbe Stunde Pause gemacht wird. Danach wird der Wiedereinlass allen Besucher_innen verweigert.
Ca. 1 Stunde später wird Sibylle mit dem Gefangenentransport weggebracht.

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